Windschild „Patagonia Edition“

Am Morgen wird erst mal gebastelt. Ich will mein Windschild erweitern. Der Wind ist so enorm, da können ein paar Zentimeter mehr nicht schaden. Bisher habe ich in der Version 1.1 nur die Spiegel „modifiziert“. Die eingeschränkte Sicht nach hinten war nicht schlimm, da mich gestern eh nur ein Auto überholt hat.

Jetzt wird da noch verbessert. Wasserflasche aufgeschnitten, Klebeband – fertig ist Version 1.2 „Patagonia Edition“.

Die ersten 60 Kilometer komme ich nicht zum ausprobieren. Es hat Rückenwind. Alles entspannt. Dann zwei Rechtskurven, der Straßenverlauf ändert sich um 90 Grad und ab geht die Post – lasset die Spiele beginnen. Schlagartig und automatisch nehme ich ordentlich Schräglage ein. Zunächst ist es heute nicht so schlimm. Zwar ist der Wind enorm / die Schräglage entsprechend, aber es hat kaum Böen. Wenn aber eine kommt versetzt es nicht schon mal einen halben Meter nach links.

Ich falle vor Lachen fast vom Motorrad als mir drei andere Biker entgegenkommen. Es sieht einfach super skurril aus wenn die auf gerader Strecke mit so viel Schräglage daher kommen. Auch sie kämpfen mächtig mit den Böen und sind beschäftigt Ruhe ins Fahrwerk zu bekommen. Dennoch – Bikergruß.

Dann biege ich Richtung Chile ab. 70 Kilometer Piste. Der Wind kommt von schräg vorne. Geht so halbwegs, auch wenn es mich zweimal in eine tiefe Schotterspur verbläßt und ich etwas ins Schwitzen komme. Dann überholt mich ein Pickup. Er hat bestimmt 80 drauf. Als er wieder einschert, bricht die Fuhre hinten aus. Jetzt geht es für ihn direkt auf den rechten Graben zu. Nur durch meisterliches Fahrkönnen fängt der Mann kurz vor dem Graben die Kiste ab. Noch ein paar Schlinger und weiter bahnt er sich seinen Weg. Später kommt mir ein Fahrradfahrer entgegen. Ich denke dass er anhält und reden möchte und bremse. Aber nein, er kommt auf der holprigen Piste und dem Wind so schlecht und langsam voran, dass es nur so aussieht als würde er anhalten.

Dann hört die Piste auf und es kommt eine Tankstelle. Ich sitze auf dem Motorrad und kann nicht absteigen. Zwar habe ich die Kleine fein gegen den Wind ausgerichtet, aber der Wind mit den Böen würde sie garantiert umwerfen. Selbst mit den Füßen muss ich oft massiv dagegenhalten. Jetzt ist aber kein Tankmann da. In ganz Südamerika tankt man nie selbst. Es hat immer Einen, der betankt. Dummerweise ist hier aber keiner. Ich hupe. Warte. Hupe. 5 Minuten stehe ich so da und habe keine Ahnung was ich tun soll. Dann kommt er. War wohl auf der Toilette. Er kann sich auch kaum auf den Beinen halten bei dem Wind und die Betankung ist entsprechend mühsam. Ich lasse das Visier unten da es mir sonst den Staub in die Augen weht. Noch mühsamer als das Betanken ist dann nur noch das bezahlen mit Scheinen.

Dann wird es echt schlimm. Der Wind wird noch stärker und kommt direkt von der Seite. Wie bei einem Ringkampf kämpfe ich mit den Böen. Ausruhen geht nicht. Kein Haus, kein Baum der Windschutz bietet.

Endlich geht es nach 30 grausamen Kilometern in einen Canyon. Dort ist „relative“ Windstille. Ich sehe sogar meinen ersten Kondor nur wenige Meter über mir.

Ansonsten hat es über den Tag verteilt noch ein paar Rinder, Pferde, Füchse, Hasen und Gürteltiere.

Und dann kommt auch „schon“ die Grenze. Ausreise geht fix. Allerdings fährt ein paar Minuten vor mir ein Bus Richtung Chile los. Wenn die alle an der chilenischen Grenze bei der Immigration vor mir sind – na danke. Also, Hahn auf, den muss ich herbrennen. Hat eh schöne Kurven. Und es klappt. Vor dem Bus laufe ich an der Grenze auf. 20 Minuten später ist alles erledigt.

Ich fahre noch 20 Minuten nach Puerto Natales und quartiere mich gleich für zwei Nächte ein. Entweder mache ich morgen einen Abstecher in den Nationalpark Torres del Paine oder ich schlafe einfach den ganzen Tag.

Gleich wurde auch die Wäsche gewaschen. Wurde Zeit, die letzte richtige Maschienenwäsche war in … Cusco, Peru.

Bude ist einfach und klein, Bad wird geteilt, aber Aussicht auf Meer und Berge ist fein. Nur wackeln bei de Böen regelmäßig die Wände.

Und es gibt noch eine gute Nachricht. Die Einheimischen berichten, dass der Wind wirklich ungewöhnlich stark ist. Ich bin froh, wenn die gesagt hätten „das ist noch gar nichts“ hätte ich mir leichte Sorgen gemacht.

Ein T-Shirt macht den Unterschied
Torres del Paine

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