Tag 4 – Roads in Kyrgyzstan
Tag 4, 26.06.2019
Heute sind wir erst gegen halb neun aus den Zelten gekrochen.
Der gestrige Tag hat uns wohl ziemlich in den Knochen gesteckt. Da wir keine weiteren Vorräte außer Wasser dabei hatten, gab es nur eine Tasse Instant-Kaffe für jeden. Während wir so langsam das Camp abbauten gesellte sich ein Kirgise mit seinem Pferd zu uns, wir boten ihm auch einen Kaffee an, den er gern annahm. Dafür half er dann auch beim Abbauen der Zelte und beim Verstauen. Dann das Gepäck über die Engstelle bringen und auf den Moppeds verstauen.
Wir waren wieder on the road, dabei hoffend, dass es von nun an besser würde. Es gab noch einige technisch anspruchsvolle Passagen, aber im Großen und Ganzen gefühlt weniger schlimm als gestern, vielleicht auch, weil es beständig bergab ging. Als wir gefühlt im Tal ankamen wurde wieder anstrengend, wir hatten einen reißenden Bach zu überqueren. Da war nichts mit mal so eben durchfahren, wir mussten erst einmal den besten Weg finden. Nach einigem hin und her fand John dann einen gangbaren Weg. Also Gepäck abrödeln und die Moppeds mit alle Mann rüberbringen. Die Strömung war ziemlich stark aber wir haben es geschafft. Danach ging es ein paar Kilometer über eine steinige und anspruchsvolle Piste, leider nicht allzu weit, und wieder war der Bach zu überqueren. Leider kein easy going, sondern wieder Gepäck runter, den besten Weg finden und alle Mann an die Moppeds. Das Spiel wiederholte sich noch etliche Male, insgesamt waren es wohl acht Überquerungen, davon konnten wir immerhin drei ohne das Gepäck abzurödeln überqueren, aber immer mit gegenseitiger Unterstützung! Dazwischen waren mehr oder weniger kurze Abschnitte, die sich einigermaßen fahren ließen. Sowohl die Bachquerungen als auch die Piste kosteten erheblich Kraft.
Einmal ließ sich mein Mopped nicht mehr starten und ich musste warten, bis Tobias zurückkam. Gemeinsam bekamen wir das auch hin. Mittlerweile war ich schon wieder ziemlich ausgepumpt, die Kopfschmerzen waren zwar deutlich weniger, aber ansonsten ging es mir nicht so gut. An ein paar schwierigen Stellen übernahmen Tobias bzw. John mein Mopped, aber das kann auch nicht die Lösung für den Rest des Tages sein. Meine Verschnaufpausen wurden immer länger…. An einer weiteren Furt, an der wieder das Gepäck abgeladen werden musste war es dann soweit. Beim Stehen Bach hat mich dann die Strömung einfach umgeworfen und ich hatte keine Kraft mehr, alleine hoch zu kommen. Dazu muss gesagt werden, dass die Strömung sehr stark war und wir oft bis zur Hüfte im Wasser standen….
Das Ganze passierte so ungefähr gegen Zwei Uhr nachmittags. Während ich wieder am Ufer versuchte zu Atem zu kommen hatten sich John und Tobias kurz beraten. Es war deutlich zu sehen, dass ich die noch zu fahrenden 30 km auf dieser Piste mit weiteren Furten ganz offensichtlich nicht mehr schaffen würde, sie aber auch nicht, wenn sie ständig Unterstützung geben müssten. Also machten sie den Vorschlag, ich bleibe hier und sie fahren ohne Gepäck weiter um Hilfe zu holen. Ich hatte ja alles dabei, Campingausrüstung, jede Wasser, nur nichts mehr zu essen, was aber nicht schlimm wahr. Sie sagten, sie würden versuchen noch für heute Hilfe zu holen, aber versprechen können sie es nicht, weil diese Piste bei Nacht zu fahren eher unmöglich wäre. Ich war damit einverstanden, weil ich nicht mehr weiter konnte, außerdem wusste ich, dass ich mich auf die Jungs verlassen kann! Also luden sie das Gepäck ab und durchquerten den Fluss. Noch einmal winken und dann war ich alleine. Es war schon ein komisches Gefühl nun hier warten zu müssen bis Hilfe kommt, aber es ist wie es ist.
Nach einer halben Stunde raffte ich mich auf und habe die Isomatte aufgeblasen, um mich im Schatten ein wenig lang zu machen. Ich wusste ungefähr, das heute bis ca. sieben halb acht Hilfe vor Ort sein müsste, um nicht in der Dunkelheit die Piste zu fahren. Während ich so da lag kamen noch ein paar Hirten vorbei, ein paar wenige Worte gewechselt und sie gingen ihrer Wege. Auch ein uralter russischer Traktor fuhr noch das Tal rauf, leider ohne Ladefläche oder andere Möglichkeiten was zu transportieren, sonst hätte ich ihn angehalten und um Hilfe gebeten. Als dann halb sieben vorbei ging habe ich mich aufgerafft und das Zelt aufgebaut. Was sonst in 10 Minuten passierte hat mich eine Stunde gekostet, aber schließlich stand es. Also die Sachen reingepackt, Schlafsack ausgerollt und hinein gekrochen. Soweit so gut. Ich war stehend ko und bin dann wohl auch gleich eingeschlafen. Plötzlich wurde ich durch laute Pfiffe und Rufe aufgeweckt. Im ersten Moment konnte ich damit gar nichts anfangen, aber dann verstand ich, dass nach mir gerufen wurde. Tobias war mit einer Rettungscrew angekommen. Sie bestand aus eben Tobias, dem örtliche Polizeichef und dem Leiter des kirgisischen Rescue-Teams.
Was für eine Freude, doch keine einsame Nacht. So langsam kam ich in die Gänge, während die Jungs das Zelt abbauten und verstauten. Dann brachten sie alles Gepäck über den Fluss und Tobias kämpfte sich mit dem Mopped durch die Furt. Zum Glück für mich gab es ein paar Meter aufwärts einen Baumstamm als Brücke, über den mich die Kirgisen führten. Allerdings mussten wir noch gut einen Kilometer bis zum Auto laufen, wobei sich die Kirgisen wirklich rührend um mich bemühten, lediglich meinen Rucksack und Helm durfte ich tragen. Tobias allerdings wurde das gesamte Gepäck aufs Mopped geladen, er wollte protestieren, aber die Kirgisen ließen sich nicht beeindrucken, sondern sagten lediglich „dawai, dawai“. Nach einer für mich gefühlten Ewigkeit kamen wir dann zum Auto, einem großen Nissan-Pickup. Allerdings musste noch diese eine Furt überquert werden. Zu meinem Glück gabs wieder einen Baumstamm, so blieb ich trocken und wurde ins Auto genötigt, während die anderen unser komplettes Gepäck einluden. Tobias ist dann schon vorgefahren, weil auf dieser Piste in Mopped schneller vorankommt. Wegen der nun folgenden vielen Steigungen und Gefälle war der Nissan fast nur im ersten Gang unterwegs, Allradantrieb natürlich immer zugeschaltet. Ich bekam ein bisschen zu essen und auch Wasser, aber meisten war ich im Halbschlaf und habe nicht viel mitbekommen, außer dem „Geschaukel“ natürlich. Irgendwann waren wir dann wieder auf Asphalt und es ging mit Blaulicht durch die Nacht, zunächst ins Krankenhaus, um meinen Blutdruck zu messen. Der war zum Glück wieder normal und Fieber hatte ich auch keins, so durfte ich dann ins Hotel gebracht werden, was John zwischenzeitlich organisiert hatte. Die Wirtin war ziemlich unerfreut ob unserer verdreckten Taschen und Klamotten und wies uns eine kleine Ecke im Eingangsbereich zu. Egal, ich bin erst einmal tot ins Bett gefallen, nachdem ich einen Liter Eistee weg gezischt habe. Natürlich habe noch kurz einen SMS nach Hause geschickt, das Alles gut ist.
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