Dankbarkeit, Demut und Risikomanagement

Auf gehts, heute nehme ich die Tusheti Road in Angriff. Wetter ist gut, Frühstück war es nicht.

Ich rolle auf die Berge zu. Die ersten Kilometer fahre ich relativ entspannt die Straße hoch. Es ist Schotter mit ein paar Löchern und Felsen drin. Alles im Rahmen. Insgesamt ist die Straße bis zum Ende 60 Kilometer lang.

Die Landschaft ist überwältigend ursprünglich und mich überkommt eine große Dankbarkeit, dass ich das sehen darf. Aber nicht lange. Nach 5 Kilometer gemütlichem Gehopel ist Schluss mit irgendwelchen Gedanken. 100 Prozent Konzentration ist angesagt. Die Straße ist in den Fels gehauen und es geht über Felsstufen bergan. Wasser läuft überall herunter und rechts geht es in die Tiefe. Es ist super anspruchsvoll und es braucht vollen Einsatz immer die richtige Spur zu erwischen. Überall liegen kleine und große Steine von Felsstürzen. Und da der gemeine Felssturz hier nicht die Ausnahme sondern die Regel ist, steht im weiteren Verlauf der Straße alle 5 bis 10 Kilometer eine Uralt-Raupe die im Fall des Falles alles wegräumt.

10 Kilometer geht das erste Teilstück so. Aber das ist noch lang nicht alles. Jetzt kommt erst der Pass. Von unten sehe ich demütig nach oben. Eindrucksvoll, aber ich zögere nicht und weiter geht es. Eine Stunde bin ich schon unterwegs.

Alles was ein Berg aufbieten kann findet sich hier. Flussdurchfahrten, enge Kehren, nasse Felsstufen, loses Geröll, steile Rampen. Ganz und gar nicht einfach zu fahren.

Ab 2.000 Meter Höhe komme ich in die Wolken. Viel ist nicht mehr zu sehen. Aber schnell bin ich eh nicht. Dafür reicht die Sicht. Die Passhöhe des Abano-Passes (2.826 m) ist wenig spektakulär (besonders wenn man nichts sieht), dafür geht es gleich so anspruchsvoll nach unten wie nach oben.

Unten angekommen schlängelt sich die Straße ein Tal entlang. Idyllisch, aber dafür habe ich keine Augen. Auch hier Unten braucht es volle Konzentration.

10 Kilometer vor dem Ende der Straße verändert sich die Oberfläche. Die Straße besteht aus feinem Sand. Im trockenen Zustand flüssig zu fahren. Aber bei Nässe super schmierig. Ich muss zunächst durch ein paar Matschlöcher. Ein wenig zu viel Gas und das Hinterrad bricht aus. Die Löcher werden tiefer und länger. Oben sieht es nach Regen aus.

Ich halte an und begutachte die Lage. Die Vernunft siegt über die Abenteuerlust. Risikomanagement ist wichtig auf so Reisen. D.h. ich drehe um. Schlimm ist das nicht, ich wollte heute eh noch zurück und das Dorf hinten muss ich nicht unbedingt sehen. Ich bin zum fahren hier und das mache ich. Fast drei Stunden war ich bis hierher unterwegs.

Alleine war ich nicht. Auch von dort hinten gehen zahlreiche Wandertracks weg. Touristen lassen sich mit Jeeps hinter fahren und laufen dann los, bzw. lassen sich wieder nach vorn nach Tiflis fahren. So kommt mir alle 10 bis 15 Minuten ein Jeep oder Kamaz entgegen. Böse bin ich nicht. Gibt die Sicherheit, dass jemand da ist wenn was schief geht.

Jetzt geht es wieder zurück. Als ich den Pass hoch fahre beginnt es zu regnen. Geile Entscheidung. Unten wäre Zwangspause angesagt. Der Rückweg ist landschaftlich mindesten genauso schön wie der Hinweg. Fahrerisch fast noch schwieriger. Aber nach 3 weiteren Stunden bin ich wohlbehalten wieder unten, sehr happy und ein wenig stolz. Ich bin ja jetzt auch schon ein paar Pisten gefahren und muss sagen, dass die Tusheti Road ganz zurecht als eine der spektakulärsten und gefährlichsten Straßen der Welt gilt.

Es ist 14 Uhr und ich entscheide mich noch nach Tiflis zu fahren. 130 Kilometer und über einen schönen geteerten Pass. Was will man mehr zum Ende eines Fahrtages. Naja, die letzten 20 Kilometer durch den Stadtverkehr von Tiflis unterschlage ich mal.

Zeitzonen, Berge und schlechtes Wetter
Erholung tut Not

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